26
Jan.

Ein Schwerpunktthema unserer kommenden 51. BBGK-Tagung: Die Antikorruptionsgesetze im Gesundheitswesen

Antikorruptionsgesetze hat es auch vorher im Strafgesetzbuch gegeben. Nach früherer und auch weiterhin geltender Rechtsauffassung sollten insbesondere das Treueverhältnis zum Staat und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sauberkeit der Amtsführung geschützt werden, weshalb der Missbrauch der Amtsgewalt durch deren Träger als Straftaten im Amt unter Strafe standen und stehen. Die beamteten leitenden Universitätsmediziner als staatliche Amtsträger betraf und betrifft dies vorwiegend mit den Paragraphen 331 StGB der Vorteilsannahme und 332 StGB der Bestechlichkeit. Für die Mittelgeber, namentlich industrielle diagnostische und therapeutische Pharma-, Medizinprodukte- und Gerätehersteller, galten und gelten weiterhin die Paragraphen 333 StGB der Vorteilsgewährung und 334 StGB der Bestechung. Insbesondere als durch Indiskretionen, z.B. im Rahmen streitiger Scheidungsverfahren öffentlich wurde, dass einzelne beamtete Universitätsprofessoren, die früher die alleinigen Entscheider über den Einkauf von Medikamenten, Medizinprodukten und Geräten waren, durch jährliche Zuwendungen vom Dreißig- und Fünfzigfachen ihrer Beamtenbesoldung in kurzer Amtszeit zu medizinischen Multimillionären geworden waren, erfolgten in der Zeit von 1994 bis 1997 systematische Untersuchungen an deutschen Universitätskliniken, die unter dem Sammelbegriff „Herzklappenskandal“ populär wurden. Als dann das Bestellwesen vorwiegend auf Verwaltungsbeamte überging, merkte man schnell, dass nicht die Bestechung abgenommen hatte, sondern sich vorwiegend die Verklausulierung änderte und dass nun der bestochene Beamtenkreis sich vorwiegend in die Verwaltung verlagerte. Zunehmend verlagerte sich das Augenmerk auch auf den Bereich der niedergelassenen Ärzte, als auch dort extreme Diskrepanzen zwischen nur geringfügiger ärztlicher Tätigkeit und erheblichen Einkünften aus industriellen Zuwendungen bekannt wurden.

Auf dem Boden dieser Erkenntnisse entstanden die neuen Strafrechtsparagraphen für das Gesundheitswesen. Hierbei geht es um die Bestrafung von Angehörigen eines Heilberufs sowie bestimmter Dritter für ein durch die Rechtsordnung missbilligtes Verhalten auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Das Vertrauen der Patienten in die Integrität ärztlicher Entscheidungen und anderer Angebote gesundheitlicher Leistungen soll geschützt werden und unlautere, finanziell überlagerte Gesundheitsentscheidungen verhindert werden.

Die Paragraphen §§ 299a, 299b und 300 StGB zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen sind am 4.6.2016 in Kraft getreten, sie haben den nachfolgenden Wortlaut:

 

  • 299a Bestechlichkeit im Gesundheitswesen

Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er

  1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten,
  2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder
  3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial (Überweisungsabsprachen zwischen einzelnen Fachgruppen)

einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

  • 299b Bestechung im Gesundheitswesen

Wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des § 299a im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er

  1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten,
  2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder
  3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

  • 300 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung

im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen

 

In besonders schweren Fällen wird eine Tat nach den §§ 299, 299a und 299b mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

  1. die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder
  2. der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

 

Während für Angehörige der Verwaltungen weiterhin die Paragraphen 331 und 332 StGB gelten, beschreibt § 299a StGB ein Sonderdelikt, das nur von den in dem Gesetz genannten Personen begangen werden kann. Dies sind Angehörige eines solchen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Dazu gehören Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und psychologische Psychotherapeuten ebenso, wie auch Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden u.ä. Derzeit ist durch die Gerichtspraxis noch nicht geklärt, ob hierunter auch Angehörige der sog. Gesundheitshandwerke fallen, wie z. B. optische, akustische, orthopädische Hersteller u.ä. Auch die Einordnung von Heilpraktikern ist rechtlich noch nicht erfolgt.

Offen ist noch die Strafbarkeit bei den spezifischen Delikten im Apothekenwesen, wie z.B. die Kontingent- und Rabattvereinbarungen bestimmter Rezepturmengen zwischen Apothekern und benachbarten Ärzten. Bei Apothekern fallen besonders häufig auch Steuerstraftaten an, indem erhebliche Anteile der Tagesumsätze an der kodierten bzw. manipulierten Registrierkasse vorbeilaufen.

Die Straftaten nach § 299b StGB mit Bestechung eines Angehörigen eines Heilberufs kann grundsätzlich von jedem begangen werden. Nur der Bestochene, also der Passive muss Angehöriger eines Heilberufs sein, der Bestechende braucht keinem Heilberuf angehören.

Im Umfeld des Gesundheitswesens kommt es oft zu Bestechung und Bestechlichkeit, ohne dass die beiden Agierenden selbst direkt einem Gesundheitsberuf angehören, wie Handel mit Ärztehäusern, Praxisflächen, Botendiensten, Ausstattern u.v.m. Dann kommt § 299 StGB zur Anwendung, dessen Text lautet:

 

  • 299 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

  1. einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
  2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

  1. einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
  2. ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

Bekannte Beispiele sind, dass sich Mitarbeiter in einer Zahnarztpraxis strafbar machen, wenn sie mit Außendienstmitarbeitern eines Dentaldepots übereinkommen, gegen finanzielle Beteiligung Dentalprodukte nur noch über dieses Depot zu ordern u.a.

Bei vielen Ärzten besteht Unklarheit darüber, was unter der Gewährung eines Vorteils zu verstehen ist. Ein Vorteil nach § 299a StGB ist jede Zuwendung, auf die der Täter keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage objektiv verbessert. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um materielle oder immaterielle Vorteile handelt oder ob diese dem Annehmenden oder einem Dritten zugutekommen.

Nähere Erläuterungen zu den zwischen einem Bestechenden und einem Bestochenen getroffenen Vereinbarungen (sog. Unrechtsvereinbarung), zu den sog. Tatvarianten, wie z.B. der Vereinbarung von Verordnungen, des Bezuges von Arzneimitteln, oder der Zuführung von Patienten werden von unseren juristischen Tagungsreferenten gegeben.

 

Prof. Dr. H. Eichstädt, Geschäftsführer

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