14
Okt

„Einfluss einer präoperativen Kurzbehandlung bei Patienten mit Eisenmangel oder Anämie vor herzchirurgischen Eingriffen“

Wir möchten unseren BBGK-Mitgliedern nachfolgend wieder unsere diesjährigen Preisträger des BBGK-Publikationspreises 2019 vorstellen.

Nach dem Begutachtungsverfahren hat unser Vorstand am 7.7.2019 unter den eingereichten Publikationen die Arbeit des Oberarztes der Herzchirurgischen Klinik des Deutschen Herzzentrums Berlin, Herrn Dr. med. Felix Schönrath als Preisarbeit ausgewählt. Seine prospektive Studie wurde in der Zeitschrift  The Lancet mit einem Impact-Faktor von 53,524 publiziert. 

Der Internist und Herzchirurg Herr Dr. med. Felix Schönrath wurde am 25. Februar 1980 geboren. Er legte 2004 in Leipzig sein Staatsexamen ab und promovierte 2005 in Halle. 2010 wurde er in Berlin Internist, und 2013 in Zürich Kardiologe. Seit 2014 beschäftigt er sich mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz und Herztransplantation und leitet seitdem unter Herrn Prof. Falk das Programm für Herztransplantation.

Über den folgenden Link gelangen Sie zur jetzigen Preis-Publikation: PDF-Download

„Einfluss einer präoperativen Kurzbehandlung bei Patienten mit Eisenmangel oder Anämie vor herzchirurgischen Eingriffen“

Felix Schönrath
Klinik für Herzchirurgie, Deutsches Herzzentrum Berlin

Hintergrund: Anämie ist in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet und mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko vergesellschaftet. Eisenmangel (25%) und Anämie (25-55%) sind häufige präoperative Zustandsbilder in der Herzchirurgie, wobei die präoperative Anämie ein unabhängiger Risikofaktor für erhöhte Mortalität und Komplikationen ist. Zusätzlich sind sowohl Anämie als auch ein präoperativ bestehender Eisenmangel Risikofaktoren für die Notwendigkeit von Bluttransfusionen, die wiederum ein negativer Prädiktor für Morbidität und Mortalität sind. Aufgrund dieser Faktoren ist die präoperative Behandlung der Anämie oder des Eisenmangels ein vielversprechender Ansatz, um Morbidität und Mortalität in der Herzchirurgie zu reduzieren. Des weiteren zeigen Beobachtungsstudien bei Patienten, die eine Transfusion von Blutprodukten strikt ablehnen, dass mit einer präoperativen Optimierung einer auch nur niedrig normalen Hämoglobinkonstellation vergleichbare Ergebnisse zum Standardvorgehen erzielt werden können. Strukturierte, prospektiv randomisierte Untersuchungen hierzu liegen jedoch nicht in ausreichendem Umfang vor.

Methode: Aus diesem Grund wurden in unserer Untersuchung Patienten mit einer fortgeschrittenen koronaren Herzerkrankung, einem fortgeschrittenen, operationswürdigen Klappenvitium oder einer Kombination aus beidem und zusätzlich bestehender Anämie oder einem isolierten Eisenmangel in einem prospektiv randomisierten Design untersucht. Die Studie wurde von der zuständigen Ethikkommission genehmigt (KEK ZH Nr. 2013 – 0043), bei ClinicalTrials.gov registriert (NCT02031289) und extern überwacht (Clinical Trial Center Zürich). Die Patienten wurden in einer 1:1-Blockrandomisierung einer kombinierten Therapie aus Eisencarboxymaltose (20 mg/kg), 40.000 Einheiten Erythropoetin alpha s.c. sowie 5 mg Folsäure oral und 1 mg Vitamin B12 zugewiesen oder erhielten Placebo. Die Gabe der Medikation oder des Placebos erfolgte am Tag vor dem herzchirurgischen Eingriff. Als primärer Endpunkt wurde die Verabreichung von Bluttransfusionen bis zum 7. postoperativen Tag, bis zur Entlassung oder bis zum Tod angesehen (gezählt wurde das erste eingetretene Ereignis). Anhand der Transfusionen im Jahr 2011 am Universitätsspital Zürich wurde eine Studiengrößenkalkulation vorgenommen mit dem Ziel, eine ausreichende Aussagekraft für die Reduktion um ein Erythrozytenkonzentrat mit einer Power von 80% und einem Signifikanzwert p von <0,05 nachzuweisen. Die benötigte Studienpopulation konnte so auf 250 Teilnehmer pro Gruppe geschätzt werden. 

Ergebnisse: Wir konnten nach Einschluss und Nachbeobachtung von insgesamt 505 Patienten (253 Patienten mit Anämie, 252 Patienten mit isoliertem Eisenmangel) zeigen, dass die Verabreichung der Studienmedikation sicher war und die Anzahl der verabreichten Erythrozytenkonzentrate innerhalb der ersten 7 Tage signifikant um ein Erythrozytenkonzentrat reduzierte. So wurden in der Placebogruppe im Median 1 Erythrozytenkonzentrat transfundiert (IQR Range 0-3) und in der Behandlungsgruppe im Median 0 Erythrozytenkonzentrate (IQR 0-2), p = 0.036. Der signifikante Unterschied war in der Betrachtung bis Tag 90 stabil, p = 0.018. Die mit Verumkombination behandelten Patienten hatten zudem eine höhere Hämoglobinkonzentration, höhere Retikulozytenzahlen und ein höheres Retikulozytenhämoglobin während der ersten 7 Tage. Auch die kombinierte Gabe von Blutprodukten (Erythrozytenkonzentrate, Thrombozytenkonzentrate, gefrorenes Plasma) musste signifikant seltener in der Verumgruppe erfolgen (p = 0.038 nach 7 Tagen und p = 0.019 nach 90 Tagen). Die Sterblichkeit war zwischen den Gruppen nicht signifikant unterschiedlich, wobei die Studie für einen Sterblichkeitsunterschied nicht gepowert war. 

Fazit: Mit diesen Ergebnissen konnte erstmals in einer großen randomisierten Studie gezeigt werden, dass die Gabe von Erythrozytenkonzentraten durch eine sehr kurzfristige Intervention vor herzchirurgischen Eingriffen bei Patienten mit Blutarmut oder isoliertem Eisenmangel reduziert werden kann. Neben dem Aspekt der Einsparung von Blutprodukten und der damit bedingten Reduktionen an Sekundärereignissen durch dieselben, ist vor allem die Praktikabilität der Medikamentenverabreichung am Tag vor der Operation bei immer kürzeren präoperativen Liegezeiten von Patienten klinisch relevant. 


Die Urkunde für die Zweitplatzierte wurde an Frau Privatdozentin Dr. med. Mareike Lankeit, Charité, Campus Virchow-Klinikum, Oberärztin von Herrn Prof. Pieske in der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie für ihre Arbeit über „Trends der thrombolytischen Therapie und der Verläufe bei akuter Lungenembolie“ vergeben. Die Daten wurden im „European Heart Journal“ publiziert. (Portraitfoto Mareike Lankeit)

Die drittplatzierte Preisträgerin war Frau Dr. med. Roya Ostovar. Sie ist in der Herzchirurgischen Klinik des Herzzentrums Brandenburg in Bernau unter Herrn Prof. Albes tätig. Ihre Preisarbeit „Q-Puls, ein quasi-physiologisches pulsatiles extrakorporales Model zur Simulation der Herzfunktion“ behandelt ein selbst entwickeltes, computergesteuertes, extrakorporales Zirkulationssystem, mit dem die Herzfunktion im Tierversuch an explantierten Schweineherzen untersucht wurde. Der komplexe Versuchsaufbau wurde in der Zeitschrift „Interactive CardioVascular and Thoracic Surgery“ publiziert. (Portraitfoto Roya Ostovar)