16
Mai

Im Gedenken an Herrn Prof. Dr. Helmut Roskamm

Herr Professor Dr. Helmut Roskamm verstarb am 16. Mai 2018 im Alter von 84 Jahren in seinem Haus in Au (Breisgau) südlich von Freiburg. Er war der Gründungsdirektor des 1972 eröffneten Herz-Zentrums Bad Krozingen, das 2012 zum Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen fusionierte. Als einer seiner Mitarbeiter und Schüler der ersten Stunde möchte ich seiner nun an seinem ersten Todestag gedenken. 

Der am 29.6.1933 in Collinghorst bei Rhauderfehn/Ostfriesland geborene Helmut Roskamm brachte in seiner Jugend eine sehr engagierte Leichtathletikkarriere hinter sich und wurde nach nationalen Meisterschaften noch jahrzehntelang in der ewigen deutschen Bestenliste für Stabhochsprung geführt. Zum Studium der Humanmedizin ging er zunächst nach Göttingen, der damals einzigen medizinischen Fakultät seiner Heimat Niedersachsen. 1955 wandte er sich dann zum klinischen Studium an den westdeutschen Olympiastützpunkt Freiburg (Betreuung der Athleten für Melbourne, Rom, Tokio, Mexico City), wo der Internist und Radiologe Prof. Dr. H. Reindell einen Bereich für Kreislaufforschung und Sportmedizin leitete, der später (1966) in einen Lehrstuhl umgewandelt wurde. 

Dort wurde H. Roskamm 1958 mit der Arbeit „Die Regulation von Atmung und Kreislauf bei maximaler Leistungsfähigkeit“ promoviert. Intensive Untersuchungen der Hämodynamik und Kreislaufphysiologie bei Hochleistungssportlern folgten. Wichtige Wegbegleiter in der damaligen Reindell´schen Schule waren J. Keul, K. König, Ch. Büchner, G. Blümchen, J. Barmeyer u.a.

Helmut Roskamm legte 1964 in dem für einen Kliniker äußerst jungen Alter von nur 31 Jahren seine Habilitationsschrift „Die Bedeutung der körperlichen Aktivität in Prophylaxe und Therapie von Herz- und Kreislauferkrankungen“ vor, die ein Jahr später als Buch beim Johann Ambrosius Barth-Verlag in München erschien. Roskamm arbeitete sodann als Oberarzt des Bereiches Kardiologie bei dem von ihm hochverehrten Prof. Dr. Ludwig Heilmeyer, der bis 1967 Direktor der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg war. Bis Ende der 60er Jahre erschienen viele leistungsphysiologische Artikel sowie eine Handvoll Bücher aus der Feder Roskamms, von denen die Boehringer-Monographie „Das Belastungs-EKG“ von 1968 als das didaktisch beste Buch zu dieser Thematik hervorgehoben werden muß und auch die größte Auflagenstärke erreichte. 

Schon im Jahr 1965 fanden die ersten Planungen für ein neu zu errichtendes, zunächst auch rehabilitativ ausgerichtetes Herzzentrum in Bad Krozingen statt. 1970 ernannte der Verwaltungsrat den damaligen Privatdozenten zum Ärztlichen Direktor, im Oktober 1972 wurde der klinische Betrieb aufgenommen. 

1973 erfolgte die Berufung Roskamms auf die Nachfolge von Prof. Dr. Hans-Helmut Wolter als Leiter der kardiologischen Abteilung der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg unter dem Direktor Prof. Dr. Gotthard Schettler. Nach der Absage Roskamms wurde dort der Weg frei für Prof. Dr. Wolfgang Kübler. 

Ich besprach mit Prof. Roskamm neun Monate nach der Zentrumseröffnung seit Juni 1973 meinen Wechsel nach Bad Krozingen. Bei ihm hatte sich inzwischen auch der Entschluss gefestigt, endgültig in Bad Krozingen zu bleiben, und so plante er bereits seit Beginn des Betriebes intensiv den Bau einer eigenen Herzchirurgie, da in der Anfangszeit die Patienten mit herzchirurgischen Indikationen überwiegend noch in die private Herzchirurgie nach Genolier verlegt wurden. In unserer Anfangsmannschaft übernahm Peter Rentrop den Herzkatheterbereich, Ewald Lönne die Rhythmologie und Schrittmacherimplantationen, Karl Schnellbacher die Hämodynamik und Einschwemmkatheter, Peter Stürzenhofecker die Funktionsdiagnostik, viele weitere Teilbereiche wurden eingerichtet. Ich sollte mich um den Aufbau der klinischen Vitiendiagnostik kümmern. 

Der Bau der Herzchirurgie wurde am 1.3.1976 begonnen, ein Jahr später 1977 folgte bereits das Richtfest und noch im gleichen Jahr die Aufnahme des klinischen Betriebes.

Zum Ende des Jahres 1976 stand auch die Herausgabe des größten deutschen Lehrbuches für Kardiologie an, die „Herzkrankheiten“ von Reindell und Roskamm. Das Buch wurde schnell der deutsche „Braunwald“ genannt und erschien gründlichst überarbeitet alle fünf Jahre in Neuauflage über die nächsten Jahrzehnte. 

 

Abb.: Widmung von Prof. Roskamm am Erscheinungstag des Lehr- und Weiterbildungsbuches „Herzkrankheiten“ im Dezember 1976.

Im Jahr 1977 erhielt Prof. Roskamm den Arthur-Weber-Preis der Deutschen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung (später Kardiologie).

In den folgenden Jahren entwickelte Roskamm das Herzzentrum zu einer der erstrangigen deutschen Referenzkliniken. Mit seinem Wirken hat Professor Roskamm die Herz-Kreislauf-Medizin in Deutschland maßgeblich geprägt, zahlreiche Mediziner profitierten in ihrer Aus- und Weiterbildung von seinem großen Wissen und seiner Gründlichkeit und Erfahrung.

In Au lebte er in seinem großen Haus am Hang glücklich mit seiner Ehefrau und seinen fünf Kindern. Viele Arbeitssitzungen und Manuskriptbesprechungen der Frühzeit des Zentrums fanden dort in kleinem Kreis statt.

Seine intensive und disziplinierte Arbeit habe ich damals sehr bewundert und ihn als ein großes Vorbild auf meinem weiteren Weg mitgenommen, der mich 1977 zunächst an das Universitätsklinikum Tübingen führte.

Wir, seine früheren Schüler an anderen Universitäten, werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. 

Prof. Dr. Hermann Eichstädt

Geschäftsführer der BBGK